Informatikerin Monika Henzinger zu Österreichs Wittgenstein-Preisträgerin 2021 gekürt

Informatikerin Monika Henzinger zu Österreichs Wittgenstein-Preisträgerin 2021 gekürt

FWF-Präsident Christof Gattringer, Wittgenstein-Preisträgerin 2021 Monika Henzinger, Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (v.l.n.r.)

Österreichs höchstdotierte Wissenschaftspreise sind vergeben: Der Wissenschaftsfonds FWF zeichnet auf Empfehlung einer internationalen Fachjury sieben Preisträgerinnen und Preisträger – einen Wittgenstein-Preis sowie sechs START-Preise – aus. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann und FWF-Präsident Christof Gattringer übergaben heute den mit 1,5 Millionen Euro dotierten Wittgenstein-Preis an die Informatikerin Monika Henzinger, die damit ihre Forschung an der Weltspitze weiter ausbauen wird. Insgesamt bringt der FWF durch das Wittgenstein- und das START-Programm Forschungsvorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund neun Millionen Euro ins Rollen.

„Ich möchte der internationalen Jury sowie dem FWF für diese großartige Auszeichnung danken“, so Monika Henzinger in einer ersten Reaktion. „Sie gibt meiner Forschung und der Informatik in Österreich weiteren Aufschwung und Sichtbarkeit. Das ist sehr wertvoll, denn wir benötigen dringend mehr Talente, die verstehen, wie unsere digitale Welt funktioniert – und wie man sie auch verbessern kann“, so Henzinger weiter. „Außerdem zeigt der Preis, wie erfolgreich Frauen in der Informatik sein können, und hoffentlich ermutigt das mehr Kolleginnen, Informatik zu studieren“, so Henzinger abschließend.

„Ich möchte Wittgenstein-Preisträgerin Monika Henzinger sowie den sechs mit den START-Preisen ausgezeichneten Forschenden ganz herzlich gratulieren“, so Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, der die Bedeutung der beiden Preise für das Forschungsland Österreich unterstreicht. „Der ‚Austro-Nobelpreis‘ schafft viel Freiraum, um hier in Österreich an der Weltspitze forschen und exzellente Teams aufbauen zu können. Das sind großartige Voraussetzungen, die nicht nur zu wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen können, sondern auch zu wertvollen Impulsen für den Innovations- und Wirtschaftsstandort Österreich“, so der Bundesminister.

„Der Wittgenstein-Preis ist die Bestätigung eines herausragenden wissenschaftlichen Lebenswerks, das im Falle von Monika Henzinger noch viele weitere exzellente Arbeiten erwarten lässt“, so FWF-Präsident Christof Gattringer, der auf die Aktualität von Henzingers Forschung hinweist: „Ihre Erkenntnisse im Bereich der Informatik tragen zum Schutz der Privatsphäre bei der Auswertung großer Datenmengen bei. In unserer immer digitaler werdenden Welt war das bereits vor Corona ein wichtiges Thema, nun ist es mit der Erfassung von Gesundheitsdaten überall auf der Welt aktueller und bedeutsamer denn je“, so Gattringer abschließend.

Wittgenstein-Preisträgerin 2021: Algorithmen für ein besseres Internet

Monika Henzinger ist seit 2009 Professorin an der Universität Wien. Nach dem Informatik-Studium in ihrem Herkunftsland Deutschland promovierte sie an der Princeton University in den USA und erhielt eine Assistenzstelle an der Cornell University. Ein zwischenzeitlicher Wechsel in die Privatwirtschaft gipfelte in Henzingers Position als Forschungsdirektorin beim Digitalkonzern Google. Zurück im akademischen Bereich war sie Professorin an der EPF Lausanne in der Schweiz, von wo sie schließlich nach Wien wechselte. Sie ist Verfasserin von über 200 wissenschaftlichen Arbeiten und hält über 80 Patente. Zu ihren zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen gehören zwei Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates ERC, die sie 2014 und 2021 erhielt. Aktuell leitet Henzinger auch das FWF-Projekt „Fast Algorithms for a Reactive Network Layer“.

In ihrer Forschungsgruppe „Theorie und Anwendungen von Algorithmen“ an der Universität Wien ist Monika Henzinger auf die Gestaltung algorithmischer Systeme spezialisiert, unter anderem im Bereich der Analyse großer Datenmengen. Zu ihren Forschungsbereichen gehören computergestützte Verifizierung, Algorithmiksysteme auf Basis der Graphentheorie, verteiltes und paralleles Rechnen sowie algorithmische Spieltheorie. Einen neuen Schwerpunkt legt sie auf „Differential Privacy“, wodurch personenbezogene Informationen innerhalb großer Datenmengen beweisbar geschützt sind.

Jurybegründung: Bahnbrechende Beiträge zur Informatik

„Monika Henzinger war bzw. ist eine führende wissenschaftliche Persönlichkeit sowohl in der Industrie – unter anderem als erste Forschungsdirektorin bei Google – als auch in der Wissenschaft“, so die START-/Wittgenstein-Jury in ihrer Begründung. Und weiter: „Ihre Arbeit ist innovativ, wirkungsvoll und sowohl in akademischen als auch in industriellen Spitzenkreisen hoch angesehen.“ Monika Henzingers Forschungen wurden bereits mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter zwei European Research Council Advanced Grants. Sie hält Mitgliedschaften in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Academia Europaea und den Wissenschaftsräten von Österreich und der Schweiz. Zudem ist sie Fellow der Association of Computing Machinery – eine Auszeichnung, die nur an die besten ein Prozent der Informatiker weltweit vergeben wird.

Die START-/Wittgenstein-Jury besteht aus 13 Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern, darunter befinden sich mit Bruce Beutler (2011, Physiologie/Medizin) und Stefan Hell (2014, Chemie) auch zwei Nobelpreisträger. Vorsitzende der Jury ist Janet Wolff, University of Manchester, UK. Die Mitglieder der internationalen START-/Wittgenstein-Jury finden Sie unter www.fwf.ac.at/de/ueber-den-fwf/organisation/start-wittgenstein-jury

Österreichs höchstdotierter Wissenschaftspreis

Der Wittgenstein-Preis richtet sich an exzellente Forscherinnen und Forscher aller Fachdisziplinen. Die mit 1,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung unterstützt die Forschung des Preisträgers und garantiert Freiheit und Flexibilität bei der Durchführung. Forschende können so ihre Forschungstätigkeit auf international höchstem Niveau vertiefen.

Lernen Sie Österreichs neue Wittgenstein-Preisträgerin kennen

Mit dem Wittgenstein-Preis möchte Monika Henzinger zunächst ihre Forschungsgruppe erweitern und verstärkt Expertinnen und Experten nach Wien einladen, um Workshops zu veranstalten und so einen Wissensaustausch zu ermöglichen. Neue Laufbahnstellen sollen es gestatten, qualifiziertere und erfahrenere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anzuziehen. Im Rahmen des „Distinguished Visiting Austrian Chair Professorship“ wird Monika Henzinger zudem die kommenden sechs Monate an die Stanford University gehen. Dort wird sie sich unter anderem mit der Digitalszene zum Thema Differential Privacy austauschen – einem speziellen Algorithmus, der eine Anfrage durchführt, verändert und die Daten ganz leicht verfälscht. Statistisch gesehen sind diese Änderungen irrelevant, die Antworten, die aus großen Datenmengen über Gruppen von Menschen gezogen werden, sind noch immer sehr aussagekräftig. Die Verfälschung versteckt aber die Informationen zu einzelnen Personen so gut, dass sie garantiert geschützt sind.

Ein ausführliches Interview mit Monika Henzinger, ein kurzes Video sowie eine Bildergalerie der Preisträgerin und Bilder der Urkundenübergabe mit Bundesminister Heinz Faßmann und FWF-Präsident Gattringer finden Sie unter www.fwf.ac.at/start-wittgenstein-2021

START-Exzellenzförderungen: Je 1,2 Millionen Euro für aufstrebende Spitzenforscher/innen aus Innsbruck und Wien

Neben dem Wittgenstein-Preis vergab der Wissenschaftsfonds FWF auch die diesjährigen START-Exzellenzförderungen. Insgesamt sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten in dem hochkompetitiven Auswahlprozess aus 102 Anträgen reüssieren. Das Antragsvolumen betrug in Summe rund 120 Millionen Euro, davon kamen rund 54 Prozent aus dem Bereich „Naturwissenschaften und Technik“, 28 Prozent aus dem Bereich „Biologie und Medizin“ sowie 20 Prozent aus den „Geistes- und Sozialwissenschaften“. Die sechs geförderten Projekte, zwei davon werden von Frauen geleitet, kommen aus allen Fachdisziplinen und werden mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro gefördert. Das START-Programm richtet sich an aufstrebende Spitzenforschende, denen die Möglichkeit gegeben wird, auf längere Sicht und finanziell abgesichert ihre Forschungen zu planen.

Die neuen START-Preisträger/innen im Überblick

Laura DONNAY
Technische Universität Wien, Institut für theoretische Physik 
„Weiches Haar Schwarzer Löcher und Himmelsholographie“

Laura Donnay ist Physikerin an der Technischen Universität Wien. Sie interessiert sich für Schwarze Löcher, insbesondere für Quanteneffekte in der Nähe des Ereignishorizonts. Sie hat verschiedene Preise gewonnen, unter anderem den Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowship der Europäischen Union, in dessen Rahmen sie seit 2019 in Wien forscht. Davor war sie Postdoc an der Harvard-Universität. Laura Donnay beschäftigt sich in ihrem START-Projekt mit der Erforschung der von ihr erstmals nachgewiesenen neuen Eigenschaften Schwarzer Löcher. 

Julian LEONARD
Technische Universität Wien, Atominstitut 
„Quantenoptimierung mit Atomen und Licht“

Julian Leonard ist Physiker und forscht derzeit an der Harvard-Universität in Boston. Sein Interesse gilt der Quantenphysik, insbesondere stark korrelierten Quantensystemen, und Quanteninformation. Der START-Preisträger Julian Leonard will in den nächsten sechs Jahren eine neue Form des Quantencomputers realisieren, mit dem schwierige Probleme aus der Materialforschung gelöst werden könnten – schneller als mit herkömmlichen Computern.

Yash LODHA 
Universität Wien, Fakultät für Mathematik 
„Algebraische, analytische, dynamische Eigenschaften von Gruppen“

Das Forschungsgebiet des Mathematikers Yash Lodha ist die Gruppentheorie. Der START-Preisträger untersucht in diesem Bereich mathematische Symmetrien. Er möchte neue Grundlagen über die in Gruppen abgebildeten geometrischen und algebraischen Symmetrie-Strukturen erarbeiten. Yash Lodha hat 2015 sein Doktorat an der Cornell University in den USA abgeschlossen. Nach seinem Postdoc an der EPF Lausanne in der Schweiz war der aus Indien stammende Wissenschaftler Projektleiter eines Forschungsprojekts des Schweizerischen Nationalfonds SNF sowie Research Fellow am Center for Mathematical Challenges am Korea Institute for Advanced Study in Seoul.

Hannes Josef MIKULA
Technische Universität Wien, Institut für Angewandte Synthesechemie 
„Bioorthogonales Kaskaden-Targeting“

Der START-Preisträger Hannes Mikula ist Chemiker, der an der Schnittstelle zur Biologie arbeitet. Er will die Krebstherapie verbessern. Sein Ziel ist es, Wirkstoffe direkt in die Tumorzelle zu navigieren. Dadurch werden gesunde Zellen durch die giftigen Substanzen nicht angegriffen und gezielt nur die Krebszellen zerstört. Hannes Mikula leitet an der Technischen Universität Wien die Gruppe „Molekulare Chemie & Chemische Biologie“. Die Schnittstelle zwischen Chemie und Biologie lernte Mikula während seiner Zeit als Postdoc am Massachusetts General Hospital der Harvard Medical School kennen; gefördert durch das Schrödinger-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF.

Markus Hartmann MÖST
Universität Innsbruck, Institut für Ökologie 
„Ökoevolutionäre Dynamiken – Genfluss und globaler Wandel“

Markus Möst weiß, was uns Wasserfloharten und ihre Kreuzungen über die Wechselwirkungen zwischen evolutionären und ökologischen Veränderungen lehren können und müssen. Denn der globale Wandel ist gewiss und Ökosysteme müssen aktiv gemanagt werden, damit sie ihre Funktionen beibehalten. Sein Ziel ist es, die Auswirkungen globaler Veränderungen auf Gewässerökosysteme besser zu verstehen. Markus Möst hat am Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich promoviert und dann mit einem Erwin-Schrödinger- Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF in der Butterfly Genetics Group in Cambridge geforscht, bevor er zurück nach Innsbruck kam.

Katharina Theresa PAUL
Universität Wien, Fakultät für Sozialwissenschaften 
„(Stellen-)Wert von Impfungen: eine multi-sited Policy-Analyse“

Welchen Stellenwert haben Impfungen in der Gesellschaft? Diese Frage bildet die Basis von Katharina T. Pauls Forschung. Die Politikwissenschaftlerin und START-Preisträgerin analysiert Kriterien, nach denen Politik, Industrie, Wissenschaft und die Bevölkerung ihre Impfentscheidungen bewerten. Katharina T. Paul hat Politikwissenschaften in Tel Aviv, Wien, Essex und Amsterdam studiert. Danach war sie als Assistenzprofessorin an der Erasmus-Universität Rotterdam tätig. Für ein Lise-Meitner-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF ist sie schließlich 2013 nach Wien zurückgekehrt. Aktuell lehrt und forscht Paul am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.

Lernen Sie Österreichs neue START-Preisträger/innen kennen

Interviews mit allen START-Preisträgerinnen und -Preisträgern sowie eine Bildergalerie der Preisträgerinnen und Preisträger finden Sie unter https://scilog.fwf.ac.at/

Der Wissenschaftsfonds FWF

Der Wissenschaftsfonds FWF ist Österreichs führende Organisation zur themenoffenen Förderung der Grundlagenforschung sowie der künstlerisch-wissenschaftlichen Forschung. In einem internationalen Peer-Review-Verfahren fördert der FWF jene Forschenden und Ideen, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualität wegweisend sind. Die gewonnenen Erkenntnisse stärken Österreich als Forschungsnation und legen eine breite Basis, um zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen besser begegnen zu können.

Quelle: Der Wissenschaftsfonds FWF Marc Seumenicht Stv. Leiter Kommunikation, Pressesprecher / ots  //  Fotocredit: FWF/Daniel Novotny

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